Beschäftigungsentwicklung
Quelle: Eurostat, Census, Bloomberg
Eine der Schlüsselgrößen ist Erwerbsbeteiligung, meist als Partizipationsrate bezeichnet. Diese wird definiert als Anteil der Erwerbsbevölkerung in Bezug auf die gesamte Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter. Das arbeitsfähige Alter wird meist mit der Altersgruppe zwischen 15 und 64 Jahren verbunden. Als beschäftigt gelten sowohl Angestellte – selbst während Krankheit oder Elternzeit – als auch Selbständige. Zur Erwerbsbevölkerung zählen zudem Arbeitslose, die aktiv eine neue Stelle suchen. Eine Reihe von Bevölkerungsgruppen zählen hingegen nicht zur Erwerbsbevölkerung. Hierzu zählen Menschen, die sich in einer schulischen Ausbildung befinden, die aus gesundheitlichen Einschränkungen nicht arbeiten können, sich persönlichen Fürsorgeaufgaben widmen (Pflege von Angehörigen) und natürlich aus freien Stücken oder persönlichen Präferenzen nicht arbeiten wollen.
Die Gesamtpartizipationsrate ist in Deutschland von 70,2% in 1995 auf 84,2% in 2023 gestiegen (siehe Tabelle).1Quelle: Weltbank In Finnland liegt diese Quote mittlerweile bei 90%. Eine solche Quote lässt sich kaum noch steigern. Dabei fällt auf, dass es in Europa eine regionale Spreizung der Partizipationsquote gibt. In Nordeuropa sind die Partizipationsraten höher als im südlichen Europa. Offensichtlich unterscheiden sich gesellschaftliche Rollenmodelle in Europa noch erkennbar. Der Trend scheint jedoch auch in Südeuropa vorgezeichnet zu sein. Es bestehen somit in Südeuropa – zumindest theoretisch – noch Beschäftigungsreserven.
Tab. 1: Internationale Vergleichstabelle der Partizipationsrate ausgewählter Staaten
In den letzten Jahren war ein solider und stetiger Beschäftigungsanstieg in Europa zu verzeichnen. Das Bevölkerungswachstum ist zum Stillstand gekommen und ist in einigen Ländern mittlerweile leicht rückläufig. Die wichtigsten Treiber des Beschäftigungswachstums waren gesellschaftliche Veränderungen. Im Vordergrund stand der Anstieg der Erwerbsbeteiligung der Frauen. Frauen – in den 1960er Jahren oft als „Nur-Hausfrau“ daheim – nehmen nun stärker am Berufsleben teil. Ihre Partizipationsrate, d.h. der Anteil der Frauen, die einen Beruf ausüben, hat im Zeitverlauf deutlich zugenommen. Ein Trend, der seit den 1960er Jahren zu verzeichnen ist und in den letzten Jahren noch an Dynamik gewonnen hat.
Quelle: Weltbank, Bloomberg
Japan hat mehrere Jahrzehnte der wirtschaftlichen Stagnation hinter sich. Bei den demografischen Problemen ist Japan Europa ein rundes Jahrzehnt voraus. Immer wieder gab es Initiativen, die japanische Wirtschaft stärker zu beleben. So hat der Premierminister Abe 2018 die drei Pfeile zur Belebung ausgerufen (lockere Geldpolitik, flexible Fiskalpolitik, Wachstumsstimulierung). Im Rahmen der Wachstumsstimulierung wurde der Versuch unternommen, mit einer „Womenomics“-Strategie mehr Frauen in das Berufsleben zu integrieren. Wie man in der obigen Abbildung 2 sieht, hat dieser Aufruf kaum verfangen. Kulturelle Hürden erweisen sich als schwer überwindbar. So bleibt auch die Partizipationsrate der Frauen in Italien deutlich hinter den Ländern nördlich der Alpen zurück. Im ersten Moment würde man denken, dass eine niedrige Partizipationsrate eine höhere Geburtenrate begünstigen würde – Japan und Italien liegen jedoch bei den Geburten im Länderranking sogar deutlich zurück.
Für eine Ausweitung der Erwerbsbevölkerung wird auch immer wieder die Migration herangeführt. Die Bevölkerungsentwicklung Deutschlands hat durch die Öffnung Osteuropas profitiert. Arbeitnehmer aus Osteuropa sind nach Deutschland übersiedelt und haben sich dauerhaft niedergelassen. Da die osteuropäischen Länder jetzt selbst mit einer ungünstigen Altersstruktur konfrontiert sind, ist der Zustrom an Zuwanderern weitgehend zum Erliegen gekommen. Wissenschaftler weisen darauf hin, dass Migration weiter gefördert werden soll, um die Erwerbsbevölkerung stabil zu halten. Das ist derzeit aber politisch nicht opportun.
Mit einer Gesamtpartizipationsrate von fast 90% gibt es in Nordeuropa nur noch begrenztes Potenzial für weitere Steigerungen. Angesichts der demografischen Entwicklung werden die verfügbaren Beschäftigungsreserven daher zunehmend knapp. Bisher konnten die Auswirkungen des demografischen Wandels durch eine höhere Partizipationsrate teilweise ausgeglichen werden.
Veränderung der Beschäftigung über die Branchen
Eines der Schlagworte der Jahre nach Corona war die „De-Industrialisierung“. Nach dem zweiten Weltkrieg fußte das deutsche Wirtschaftswunder auf der Industrie. Große Industrieunternehmen und der industrielle Mittelstand dominierten die Beschäftigungsentwicklung. Aber schon in den 1970er Jahren sank die Bedeutung der Industrie – erst verhalten und seit Anfang dieses Jahrtausends recht rapide. Seit gut 10 Jahren stagniert die Wertschöpfung im Verarbeitenden Gewerbe, während der Dienstleistungsbereich weiter zulegt. Auch bei der Anzahl der Beschäftigten der beiden Hauptsektoren kann man diese Entwicklung feststellen.
Quelle: Eurostat (Datenbasis: Tabelle nama_10_a64_e)
Durch Digitalisierung und Globalisierung verändern die europäischen Volkswirtschaften langsam ihr Gesicht. Von stark produktionsorientierten Volkswirtschaften hin zu mehr dienstleistungsorientierten Gesellschaften. Einige der wenigen zeitnahen Datenreihen für den Dienstleistungsbereich werden für die Beschäftigung erhoben. Die Daten reichen bis in den Beschäftigungsstand nach Subsektoren. Anhand dieser Reihen kann man auch die Verschiebungen in der Beschäftigungsentwicklung innerhalb des Dienstleistungsbereichs ablesen. Von 2008 bis 2023 liegen für die Eurozone detaillierte Beschäftigungsdaten vor. In dem Zeitraum sind deutliche Veränderungen zu verzeichnen.22) Quelle: Eurostat, Helaba Invest Mit dem demografischen Wandel verbundene Berufsfelder im Bereich des Gesundheitswesens (+2.275 Mio.) oder in der stationären Pflege (+871.000) sind große Beschäftigungszuwächse zu verzeichnen. Berufe, die aktiv die Veränderungen gestalten und begleiten, haben ebenfalls einen starken Beschäftigungszuwachs zu verzeichnen. Programmierer und Computerfachkräfte (+2,15 Mio.) oder Arbeitsplätze im Ausbildungsbereich (+2,1 Mio.), wie Trainer und Coaches, haben stark zugelegt. Den größten Rückgang konnte man bei Hausangestellten (-529.000) verzeichnen. Auch im Telekommunikationssektor, den Postdiensten und im Medienbereich war die Beschäftigung rückläufig.
Wie sieht es in den USA aus?
Auch in den USA hat die Beschäftigung in den letzten Jahren deutlich zugelegt. In den 1960er bis 1980er Jahren waren es insbesondere die Frauen, die stärker am Berufsleben teilgenommen haben, die die Beschäftigung erhöht haben. Die amerikanischen Baby-Boomer gehen jetzt in Rente. Bei den Baby-Boomern in den USA war 1957 das geburtenstärkste Jahr – in Deutschland erst 1964. Trotzdem stieg die Beschäftigung weiter an. In den letzten Jahren war die Einwanderung eine der Haupttriebfedern für das Beschäftigungswachstum – der auffälligste Unterschied zur Entwicklung in Europa (siehe Abbildung 4).
Quelle: BLS, Bloomberg
Fazit
Durch das Ansteigen der Partizipationsraten konnte im Zeitablauf in einigen Volkswirtschaften eine Beschäftigungsreserve gehoben werden. Gerade im nördlichen Europa scheint man aber kaum noch Möglichkeiten zu haben, die Beschäftigung auszuweiten. Der demographische Wandel wird wohl bald ein limitierender Faktor auf dem Arbeitsmarkt werden.
Soziale und kulturelle Faktoren scheinen der entscheidende Grund zu sein, dass die Partizipationsrate der Frauen in Japan oder in Italien recht niedrig ausfällt. In den USA war in den letzten Jahren die Immigration wohl entscheidend, um Knappheiten am Arbeitsmarkt zu begegnen. Mit den politischen Veränderungen der Trump-Administration ist es offen, ob dieses Ventil auf Dauer auch funktionieren wird.
Nach einem längeren Rückgang der Beschäftigung im Industriebereich stagniert die Beschäftigung in dem Bereich seit einigen Jahren. Es erscheint jedoch wahrscheinlich, dass insbesondere Demographie und Digitalisierung die Beschäftigungsanteile weiter in den Dienstleistungsbereich verschieben. Schon in den letzten Jahren haben Arbeitsplätze rund um den Computer (Digitalisierung) und im Gesundheitswesen (Demographie) stark zugelegt. Die Trends sind noch nicht am Ende und werden wohl noch mindestens zwei Jahrzehnte ihre Dynamik behalten.
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