Infrastruktur – Chancen in einer unbeständigen Welt
Die aktuellen makroökonomischen Bedingungen, die gestiegenen geopolitischen Unsicherheiten sowie der eingeleitete Zinssenkungszyklus können im Jahr 2025 zu einer erhöhten Volatilität an den Finanzmärkten beitragen. Insbesondere in diesem Umfeld wird die Assetklasse Infrastruktur aufgrund ihrer positiven Charakteristiken, z.B. niedrige Abhängigkeit von Wirtschaftszyklen, noch wichtiger für Investoren und bietet weiterhin stabile und beständige Rendite für das Portfolio. Überdies wird die Assetklasse Infrastruktur weit über 2025 hinaus eine wichtige Rolle spielen, da die Modernisierung der bestehenden Infrastruktur sowie der digitale und ökologische Umbau der Wirtschaft erhebliches Investitionskapital benötigen. Der Investitionsbedarf ist in allen Infrastruktur-Sektoren, wie z.B. Energie (inkl. Erneuerbare Energien), Versorgung, Kommunikation, Transport und soziale Infrastruktur vorhanden. Die Staaten werden nicht in der Lage sein, diesen immensen Kapitalbedarf allein zu stemmen, was die Notwendigkeit von privaten Investitionen in den nächsten Jahren noch verstärkt.
Einfluss makroökonomischer Faktoren auf Infrastrukturinvestitionen
Rückblickend war 2024 das Jahr, in dem der Inflationsgeist wieder in die Flasche gesteckt wurde. Jetzt wird es darum gehen, wie schnell die Zentralbanken die Leitzinsen wieder auf ein neutrales Niveau senken werden und ob sie letztlich noch weiter lockern müssen, um die Wirtschaft zu stützen. Doch wie hat sich die hohe Inflation und der damit verbundene Zinsanstieg in den letzten Jahren auf die Assetklasse Infrastruktur ausgewirkt?
Abb. 1: Durchschnittliche Bewertungseffekte auf europäische Infrastrukturprojekte; Quelle: Quelle: EDHECinfra, Oktober 2024
Retrospektiv fällt auf, dass sich die Zinsentwicklung als auch die veränderten Ertragsprognosen stark in den durchschnittlichen Bewertungseffekten auf europäische Infrastrukturprojekte niedergeschlagen haben (siehe Abbildung 1). Der vergangene Zinsanstieg hat die relative Attraktivität des Bestandsportfolios reduziert und wirkte in den letzten drei und fünf Jahren negativ auf die Bewertungen. Im Gegenzug verzeichnete die Assetklasse Infrastruktur im gleichen Zeitraum zumindest teilweise positive Effekte aus der deutlich gestiegenen Inflation und den auch langfristig gestiegenen Strompreisprognosen. Insbesondere die positive Charakteristik der Preisbindung an die Inflation hat in Zeiten hoher Inflation zu überdurchschnittlichen Erträgen geführt. Nach Einschätzung von EDHECInfra konnten somit die negativen Bewertungseffekte aus dem Zinsanstieg durch entsprechende positive Effekte aus den Businessplänen näherungsweise in den letzten drei und fünf Jahre nivelliert werden.
Die EZB senkte am 17. Oktober 2024 die Leitzinsen auf 3,25 % – die dritte Senkung 2024 mit bereits sichtbarer Wirkung. Der Zinssenkungseffekt wirkt sich überproportional positiv auf die Bewertung von Infrastrukturprojekten aus, welche nun teilweise höhere Ertragsniveaus aufgrund z.B. der Inflationsindexierung aufweisen, und führt somit zu einer Aufwertung der Vermögensgegenstände. Im Euroraum wird die EZB ihren Kurs der Zinssenkungen höchstwahrscheinlich fortsetzen. Dies hätte weitere positive Bewertungseffekte für Infrastrukturprojekte zur Folge. Neben der Zinsentwicklung dürften die dynamischen Marktveränderungen aufgrund von politischen Faktoren die Märkte im Jahr 2025 prägen. Die Unsicherheit durch Handelskonflikte und geopolitische Spannungen (inkl. der damit verbundenen gesamtwirtschaftlichen Situation) könnte Investoren zunächst vorsichtig stimmen und zu einer erhöhten Volatilität an den liquiden Finanzmärkten führen.
Infrastrukturanlagen mit Grundversorgungscharakter weisen aufgrund der geringen Nachfrageelastizität dabei eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen konjunkturelle Schwankungen auf, da die Grundversorgung eines Landes z.B. mit Strom, Wärme und Wasser auch in unsicheren Zeiten nachgefragt wird. Diese positive Eigenschaft von Infrastruktur im Vergleich zu anderen Assetklassen lässt sich im Betrachtungszeitraum 31.12.2010 bis 30.06.2024 aufzeigen (siehe Abbildung 2).
Abb. 2: Infrastruktur im Vergleich zu anderen Assetklassen; Quelle: Preqin Index Private Markets, Q4/2007-Q2/2024
Seit 2010 performen Infrastrukturinvestments mit einer durchschnittlichen, jährlichen Rendite von 10,7% p.a. ähnlich wie der MSCI World TR und oberhalb von Private Debt. Gleichzeitig lag die Volatilität signifikant unterhalb von Aktien. Folglich stellen Infrastrukturinvestments auch im Umfeld von gestiegener geopolitischer Unsicherheit ein stabiles Investment dar. Überdies hat die geringe Korrelation von Infrastrukturinvestment zu anderen Anlageklassen auch einen positiven Effekt auf die Portfoliodiversifikation.
Wie sieht der langfristige Blick auf die Assetklasse aus?
Der zukünftige Investitionsbedarf in Infrastruktur ist immens. Insbesondere die langfristigen Megatrends, wie u.a. die Dekarbonisierung, Elektrifizierung, Digitalisierung und KI fungieren als starke Wachstumstreiber. Für die kommenden Jahre prognostiziert Preqin ein Anstieg der AuM (Assets under Management) in Infrastruktur von rund 1,3 Bill. USD im Jahr 2023 um durchschnittlich 10,8% p.a. auf ca. 2,4 Bill. USD im Jahr 2029. Der Hauptfokus liegt dabei weiterhin auf den risikoärmeren Core- und Core plus-Segmenten in Europa und Nordamerika (siehe Abbildung 3). Im Vergleich zu den Vorjahr(en) sehen Investoren vermehrte Attraktivität im Small-/Mid Market-Segment aus Diversifikations- und Renditegesichtspunkten.
Abb. 3: Globale Infrastrukturmärkte; Quelle: Preqin, Future of Alternatives, Infrastructure fundraising faces three-year climb back to peak, Future of Alternatives 2029 (preqin.com), 18.09.2024
Die hohe Wachstumsrate der Assetklasse Infrastruktur zeigt sich auch im Vergleich zur Assetklasse Immobilien. In den vergangenen Jahren hat die Entwicklung des verwalteten Infrastrukturvermögens stark zugenommen, so dass im Jahr 2029 das Infrastrukturvermögen bereits rund 90% des prognostizierten Immobilienvermögens betragen soll (siehe Abbildung 4). Angesichts des anhaltend hohen Investitionsbedarfs u.a. zur Realisierung der Energiewende und der weiteren Digitalisierung ist es möglich, dass nicht börsennotierte Infrastruktur in den 2030er Jahren mit Immobilien in Bezug auf die AUM noch stärker zusammenwächst.
Abb. 4: Entwicklung Assets under Management Immobilien vs. Infrastruktur; Quelle: Preqin, Charts & League Tables, assets Under Management Breakdown, Stand März 2024
Wichtig zu erwähnen ist, dass die langfristigen Megatrends auch kritisch betrachtet werden müssen. Im Bereich Erneuerbare Energien herrscht weiterhin eine Goldgräberstimmung aufgrund z.B. des starken Anstiegs an Fonds mit dem Fokus auf Erneuerbare Energien. Dies führt zu einem deutlich erhöhten Wettbewerb um attraktive Transaktionen sowie einer erhöhten Bereitschaft, auf Projektebene höhere Risiken zu übernehmen. Somit sollten Investoren weiterhin breit gestreut in alle Infrastruktur-Segmente mit einem verlässlichen Partner an der Seite investieren. Denn wie schon John M. Templeton (Unternehmer und Fondsmanager) einst feststellte: „Der einzige Investor, der nicht diversifizieren sollte, ist derjenige, der immer 100% richtig liegt!“
Fazit: Positiver Ausblick für die Assetklasse Infrastruktur
Im Jahr 2025 sind die makroökonomischen Rahmenbedingungen für nicht börsennotierte Infrastruktur zweifelsohne positiv. Die Inflation liegt weiterhin über dem Durchschnitt und das Zinsniveau ist rückläufig, was zu einer Aufwertung der Vermögensgegenständen führen sollte. Überdies sorgen nicht-gelistete Infrastruktur-Investments durch ihre hohe Widerstandsfähigkeit gegen konjunkturelle Schwankungen für eine langfristige Stabilität im Portfolio – insbesondere in geopolitischen unsicheren Zeiten. Die Zeichen scheinen somit für die Anlageklasse günstig zu stehen und ein erfolgreiches Jahr 2025 sowie Folgejahre zu versprechen.
Immobilien: Neue Perspektiven in einem dynamischen Umfeld
Die globalen Immobilienkapitalmärkte durchlaufen eine Phase des Umbruchs, die von geopolitischen Unsicherheiten, wirtschaftlichen Herausforderungen und den Nachwirkungen der Pandemie geprägt ist. Trotz eines historischen Rückgangs des Transaktionsvolumens und eines anspruchsvollen Umfelds zeichnet sich eine Stabilisierung ab, die sowohl Investoren als auch Kreditgeber optimistischer stimmt. Besonders der gewerbliche Immobiliensektor zeigt in den Prime-Segmenten Anzeichen einer nachhaltigen Erholung, die neue Chancen für strategische Investitionen bietet. In den Non Prime-Lagen und -Objekten dagegen sind die Folgen der jüngsten Krise weiterhin sichtbar – durch stagnierende Investmentnachfrage und noch notwendigen Preisanpassungen.
Dynamische Marktveränderungen und die Rolle sinkender Zinssätze
Die europäischen Immobilienkapitalmärkte erreichten 2023 mit einem Investitionsvolumen von nur 166 Milliarden Euro1MSCI RCA, Q3 2024 ein 10-Jahres-Tief. Höhere Kreditmargen, strengere Vergabekriterien, gestiegene Zinsen und der abrupte Anstieg der Staatsanleihen zwischen Q1 und Q2 2022 führten zu einer Marktstagnation. Attraktive risikolosere Renditen machten Immobilieninvestition unattraktiver. Geopolitische Unsicherheiten und eine Diskrepanz der Preisvorstellungen zwischen Käufern und Verkäufern verhinderten Preiskorrekturen.
Abb. 5: Transaktionspreise steigen allmählich; Quelle: Green Street Advisors; Daten per Oktober 2024. In Anlehnung an den Commercial Property Price Index
2023 stabilisierten sich die Staatsanleiherenditen auf hohem Niveau. Die Aussicht auf sinkende Leitzinsen stärkte allmählich das Vertrauen der Marktakteure. Dialoge zwischen Käufern und Verkäufern nahmen zu, die sukzessive in ersten Transaktionen mündeten. Der Fokus lag verstärkt auf Core-Immobilien, während bei non-prime-Objekten preisstrategisches Vorgehen und Value-Add-Ansätze dominierten. 2024 brachten sinkende Zinssätze in den USA und der Eurozone neuen Rückenwind. Die EZB senkte den Hauptrefinanzierungszins auf 3,25 %, während langfristige Zinsen, wie die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen, sich allmählich der 2 %-Marke nähern.2EZB, Mitteilung vom 17.10.2024; DZHyp, Swap-Mitte-Sätze (15.11.2024) Diese verbesserten Bedingungen steigerten die Attraktivität von Immobilieninvestitionen. Nach Preisrückgängen von 27 % (USA) bzw. 34% (Europa) seit den Höchstständen von 20223Green Street Advisors, CPPI US & Pan-Europe stiegen die Werte zuletzt um ca. 3% (siehe Abbildung 5).
Abb. 6: Markterwartungen US- und EZ-Leitzinsen und Geldmarkt-Futures; Stand: November 2024; Quelle: Bloomberg, Helaba Invest; * Erwartungen abgeleitet aus EURIBOR-Futures
Mit einem weiteren prognostizierten Rückgang der Zinssätze (siehe Abbildung 6) um ca. 100 Basispunkte (Euroland und USA) könnte die Kapitalisierungsrate (Cap Rate) stabil bleiben oder sich verbessern (siehe Abbildung 7) und Investitionen fördern.
Abb. 7: Entwicklung der Cap Rates der unterschiedlichen Segmente; Quelle: MSCI RCA Q3 2024
Fundraising: Erholung und Wachstum bei institutionellen Immobilienfonds
Parallel zur Stabilisierung der Märkte zeigt sich auch eine deutliche Belebung im Fundraising für institutionelle Immobilienfonds. Eigenkapitalstarke Investoren, wie Family Offices und vermögende Privatpersonen, nutzen die günstigen Rahmenbedingungen, um ihre Portfolios auszubauen. Institutionelle Anleger, die zuletzt vorsichtiger agierten, kehren zunehmend zurück und erkennen den Mehrwert von Immobilien als diversifizierende Anlageklasse.
Besonders Logistikimmobilien stehen im Fokus. Der Anteil internationaler Investoren, insbesondere aus den USA, ist signifikant gestiegen, sodass diese Marktteilnehmer inzwischen nahezu ebenso viel wie deutsche Käufer investieren.4Gem. Analyse von JLL (Logistikimmobilienmarktbericht) Dies signalisiert ein gestiegenes Vertrauen in die Stabilität des europäischen Immobilienmarktes. Zugleich verschiebt sich die Aktivität hin zu Asset- und Fondsmanagern, die als wichtigste Käufertypen ihren Marktanteil ausbauen (siehe Abbildung 8). Diese Entwicklung unterstreicht die zunehmende Professionalisierung und die zentrale Rolle spezialisierter Akteure.
Abb. 8: Transaktionsanteil nach Käufertyp; Quelle: JLL, Q3 2024; *Zeitraum: 2024 Q1-Q3 **andere: Banken, REITs, Private Equity/Hedge Fonds, Pensionskassen, Gemeinnützige Organisationen, Genossenschaften
Erholung der Fundamentaldaten und neue Chancen im CRE-Markt
Der gewerbliche Immobilienmarkt zeigt trotz bestehender Herausforderungen eine deutliche Stabilisierung seiner Fundamentaldaten. Die Belegungsraten befinden sich auf einem überdurchschnittlichen Niveau und die Nachfrage nach Mietflächen verzeichnet in allen relevanten Sektoren positive Entwicklungen.5PMA ltd. Q3 2024 Diese solide Ausgangslage trägt maßgeblich dazu bei, das Vertrauen in eine nachhaltige Markterholung zu stärken. Ein wesentlicher Treiber der aktuellen Marktentwicklung ist die Angebotsverknappung, die durch den deutlichen Rückgang der Baubeginne verstärkt wird. Besonders die Bauwirtschaft hat neben gestiegenen Baukosten auch mit gestiegenen regulatorischen Anforderungen zu kämpfen, die im Zuge von ESG-Vorgaben und verschärften Nachhaltigkeitsrichtlinien zunehmend komplexer werden. Dies hat zusätzlich zu einer spürbaren Reduktion des Neubauvolumens geführt, was das Angebot in verschiedenen Segmenten reduziert. Dies stabilisiert die Mietpreise, insbesondere in den Bereichen Büro, Logistik und Wohnimmobilien, und schafft eine Grundlage für langfristiges Wachstum und Investitionen, die den neuen Nachhaltigkeitsstandards entsprechen.
Managerselektion: Ein entscheidender Faktor für nachhaltigen Erfolg
In einem komplexen Markt ist die Wahl erfahrener Manager entscheidend. Sie sorgen mit fundierter Marktkenntnis und operativer Kompetenz dafür, Potenziale zu identifizieren und Risiken zu steuern. Gerade in volatilen Zeiten wird die Managerselektion zum zentralen Erfolgsfaktor.
Mit dem Wandel von risikoarmen Core-Immobilien hin zu anspruchsvollen Value Add-Strategien rücken Objekte mit Entwicklungspotenzial in den Fokus. Maßnahmen, wie Nachverdichtung, Mietvertragsoptimierungen oder die Neupositionierung von Objekten, erfordern spezialisierte Expertise. Nur erfahrene Manager können diese Chancen konsequent nutzen und Risiken professionell minimieren. Die wachsende Bedeutung von ESG-konformen Projekten verstärkt die Relevanz kompetenter Manager. Sie müssen regulatorische Anforderungen erfüllen und gleichzeitig nachhaltige Werte mit attraktiven Renditen verbinden.
Damit wird die Managerselektion zum strategischen Hebel, um anspruchsvolle Investitionen profitabel und zukunftssicher zu gestalten – und Chancen im dynamischen Marktumfeld effektiv zu nutzen.
Fazit: 2025 – Ein Wendepunkt mit Potenzial für die Assetklasse Immobilien
Das Jahr 2025 markiert eine entscheidende Phase für die Immobilienmärkte. Sinkende Zinsen, stabilisierte Preise und attraktive Einstiegskonditionen schaffen ein optimistisches Investmentklima. Besonders der CRE-Markt zeigt, dass die derzeitige „Bottoming-out“-Phase (Bodensatzbildung) strategische Investoren mit langfristigen Perspektiven belohnt. Die verbesserte Liquidität, solide Fundamentaldaten und die attraktive Angebots-/Nachfragedynamik eröffnen Investoren zahlreiche Möglichkeiten, von zukünftigen Wertsteigerungen zu profitieren. Jetzt ist der Zeitpunkt, sich durch gezielte Strategien und die Wahl erfahrener Partner zu positionieren – für stabile Erträge und nachhaltigen Erfolg in einem stabilisierten Marktumfeld.
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