07.08.2024

Infrastruktur – Eine attraktive Assetklasse mit einer vielversprechenden Zukunft

veröffentlicht in Immobilien & Finanzierungen, Sonderausgabe Immobilien-Spezialfonds,    1. August 2024 (.pdf Version)

Die Assetklasse Infrastruktur hat bei institutionellen Investoren in den letzten Jahren stark an Beliebtheit gewonnen. Die Gründe für diesen Siegeszug liegen auf der Hand und ergeben sich u.a. aus den Charakteristiken der Assetklasse. Zum Beispiel bedingt der Grundversorgungscharakter vieler Infrastrukturanlagen eine geringe Nachfrageelastizität und führt zu einer niedrigen Abhängigkeit von Wirtschaftszyklen. Überdies verfügt die Assetklasse über weitere positive Merkmale, wie z.B. eine niedrige Korrelation zu traditionellen Anlageklassen oder weitgehend inflationsgeschützte Erträge. Aufgrund der geringen Korrelation zu anderen Anlageklassen hat ein Infrastrukturinvestment auch positive Effekte auf die Portfoliodiversifikation.

Die Assetklasse Infrastruktur wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, da die Modernisierung der bestehenden Infrastruktur sowie der digitale und ökologischen Umbau der Wirtschaft erhebliches Investitionskapital benötigen. Die Staaten werden nicht in der Lage sein, diesen immensen Kapitalbedarf allein zu stemmen, was den Bedarf an privaten Investitionen in den nächsten Jahren noch verstärken wird.

Infrastruktur – Die vielseitige Assetklasse im Überblick

Infrastruktur umfasst eine Vielzahl von Sektoren, wie z.B. Energie (inkl. Erneuerbare Energien), Versorgung, Kommunikation, Transport und soziale Infrastruktur.

Abb. 1: Infrastruktursegmente (Beispielhafte und nicht abschließende Darstellung)

Grundsätzlich dienen traditionelle Infrastrukturanlagen zur Grundversorgung eines Landes mit Strom, Wärme und Wasser oder tragen wesentlich zum wirtschaftlichen Wachstum bei. Die Einnahmen dieser Unternehmen sind typischerweise durch Regulierung, Konzessionen oder langfristige Verträge unmittelbar an die Inflation geknüpft und führen in Zeiten hoher Inflation zu spürbar steigenden Einnahmen bzw. Überrenditen. I.d.R. nicht regulierte Infrastruktureinrichtungen wie Häfen, Flughäfen oder Fernwärmenetze profitieren von hohen Markteintrittsbarrieren und monopolartigen Strukturen, die es ihnen erlauben, höhere Kosten zumindest teilweise oder zeitversetzt an ihre Kunden weiterzugeben. Infrastrukturanlagen mit Grundversorgungscharakter weisen dabei eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen konjunkturelle Schwankungen auf.

Bei Investments in nicht-gelistete Infrastruktur erfolgt oft eine Beteilung an Betreibergesellschaften (nicht gelistete Infrastrukturunternehmen), welche sich in einem bestimmten Infrastruktursegment auf einen Kernbereich spezialisiert haben (z.B. Stromübertragungsnetzbetreiber, Stromerzeuger, Fernwärmeunternehmen, Entsorgungsunternehmen) und in diesem ein großes, operatives Portfolio betreuen. Die Betreibergesellschaften erweitern, verbessern und/oder bauen i.d.R. Projekte und ergänzen hierdurch das eigene Portfolio. Hinzu kommt, dass sich etliche marktrelevante Infrastrukturprojekte (Assets) i.d.R. gar nicht ohne die Betreibergesellschaft erwerben lassen. Ein gutes Beispiel hierfür sind Fernwärmegesellschaften, welche z.B. die notwendigen Verträge, Genehmigungen sowie das benötigte Personal für den Betrieb umfassen.

Daneben können entsprechende Energieinfrastrukturprojekte auch selbst entwickelt, gebaut und danach im Portfolio gehalten oder verkauft werden (z.B. Windparks, Solarparks). Die Übernahme des operativen Betriebs wird i.d.R. an einen externen Anbieter ausgelagert.

Auch eine vielseitige Assetklasse wie Infrastruktur hat Sektoren, welche z.B. gemessen am Transaktionsvolumen im Vergleich herausstechen. Die Energiesektoren dominieren hier mit rund 60 Prozent den Anteil am Transaktionsvolumen. Insbesondere der Bereich Erneuerbare Energien weist eine starke positive Dynamik auf und hat in den letzten Jahren deutlich an Gewicht zugenommen. Traditionell macht die soziale Infrastruktur den geringsten Teil des globalen Transaktionsvolumen aus. Nichtdestotrotz lassen sich diversifizierte Investitionsansätze über alle Sektoren hinweg problemlos umsetzen.

Abb. 2: Transaktionsvolumen nach Sektoren; Quelle: Inframation, Datenbankabfrage Infralogic, Stand 03.05.2024

Und wie sieht der langfristige Blick auf die Assetklasse aus?

Der zukünftige Investitionsbedarf in Infrastruktur ist riesig. Insbesondere die langfristigen Megatrends, wie u.a. die Dekarbonisierung, Elektrifizierung, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz („KI“) fungieren als starke Wachstumstreiber.

Beispielsweise wird der Einsatz von KI im Unternehmensfeld immer mehr zum Standard. KI erfordert in Datencentern eine höhere Prozessordichte und dadurch mehr Kühlung sowie Energie. Der ungeheure Energiebedarf von KI muss gedeckt werden, denn schon heute zählen Datencenter zu den größten Stromabnehmern weltweit. Zu gleich haben die Hyperscaler (z.B. Microsoft, Amazon, etc.), welche verstärkt die Nutzung von Datencentern ausbauen müssen, Net Zero Ziele bis 2030. Diese Ziele werden z.B. die Nachfrage nach Erneuerbare Energien weiter befeuern. Gleichzeitig bedeutet es, dass Regionen, in denen Erneuerbare Energien schon jetzt stark vertreten sind und in denen zudem noch kühle Temperaturen vorherrschen, in den Fokus von Datencenter-Investitionen rücken. Als prädestinierte Region sind hierfür die Nordics zu nennen. Dieses Beispiel zeigt, dass sich Megatrends im Infrastrukturbereich in den nächsten Jahren sogar auch noch gegenseitig verstärken.

Überdies wird deutlich, dass eine funktionsfähige Infrastruktur nicht nur der Grundversorgung der Bevölkerung dient, sondern darüber hinaus ein erheblicher Standort- und Wettbewerbsvorteil für moderne Industrieländer ist. Der globale Wettbewerb befeuert somit zusätzlich den weltweiten Investitionsbedarf in Infrastruktur und lässt diesen auch langfristig weiter ansteigen.

Denn es gilt, dass es ohne eine funktionierende Infrastruktur auf Dauer kein nachhaltiges Wachstum geben wird. Aufgrund dessen haben z.B. auch die Europäische Kommission die 750-Milliarden-Euro-Initiative NextGenerationEU und die USA einen zwei Billionen US-Dollar schweren Infrastrukturplan für Straßen, Brücken, Energie und digitale Netze auf den Weg gebracht. Dieses Kapital reicht jedoch nicht ansatzweise aus, um die Transformation der Infrastruktur in einer modernen, klimaneutralen und digitalisierten Gesellschaft zu meistern. Die Einbindung von privatem Kapital ist insbesondere bei der Bewältigung der Energiewende und dem Ausbau digitaler Infrastrukturen weiterhin unerlässlich. Auch der demografische Wandel mit einer immer älter werdenden Gesellschaft stellt neue Anforderungen an die soziale Infrastruktur der Länder.

Stabilität im Portfolio durch nicht-gelistete Infrastruktur

Der erhebliche Investitionsbedarf in Infrastruktur und der damit verbundene Bedarf an privatem Kapital ermöglicht institutionellen Investoren zukünftig noch größere Investmentopportunitäten, was mittelfristig u.a. zu einer größeren Berücksichtigung der Assetklasse in institutionellen Portfolien führen sollte. Die positiven Charakteristiken der Assetklasse sind im Rahmen der Portfolioallokation klar erkennbar. Aufgrund der geringen bzw. mittelstarken Korrelation zu anderen Assetklassen wirken nicht-gelistete Infrastrukturinvestments als Stabilisator für das gesamte Portfolio.

Bei Betrachtung der unterschiedlichen Assetklassen fällt auf, dass nicht-gelistete Infrastrukturinvestments z.B. gegenüber Anleihen eine negative Korrelation aufweisen.


Abb. 3: Korrelation von nicht börsennotierten Infrastrukturinvestments zu anderen Assetklassen (1/2);  Berechnungsgrundlage: vierteljährliche Daten zur Gesamtrendite im Zeitraum Dezember 2008 bis Dezember 2023, Preqin Infrastructure Global, iBoxx Eurozone (TR), iBoxx Euro Non-Financials (TR), iBoxx Euro Financials (TR)

Bei der Assetklasse Aktien ist fast gar keine Korrelation zu nicht-gelistete Infrastrukturinvestments erkennbar. Immobilieninvestments weisen eine leichte bis mittelstarke positive Korrelation auf.

Abb. 4: Korrelation von nicht börsennotierten Infrastrukturinvestments zu anderen Assetklassen (2/2); Berechnungsgrundlage: vierteljährliche Daten zur Gesamtrendite im Zeitraum März 2008 bis Dezember 2023, Korrelationskoeffizienten nach Pearson, Preqin Infrastructure Global, Preqin Private Equity, Preqin Real Estate, MSCI Europe (USD) Total Return Index, MSCI Emerging Markets Total Return Index, MSCI World (USD) Total Return Index, S&P 500 (USD) Total Return Index

Die Berechnungen zeigen auf, dass die Korrelation von nicht-gelisteter Infrastruktur gegenüber anderen gängigen Assetklassen, welche sich typischerweise in institutionellen Portfolios wiederfinden, grundsätzlich als gering bzw. mittelstark anzusehen ist.

Die Diversifikationseffekte von Infrastruktur lassen sich an einer vereinfachten Portfoliosimulation aufzeigen. In der Simulation wird drei Portfolios aus Renten und Aktien jeweils ein Infrastrukturinvestment in Höhe von 30% durch Umschichtung beigefügt.

Das Ergebnis der Simulation zeigt, dass sich eine Berücksichtigung der Assetklasse nicht-gelisteter Infrastruktur bei einer vereinfachten Portfoliosimulation senkend auf die Gesamtvolatilität eines liquiden Anlageportfolios auswirkt. Des Weiteren ist neben der Minderung der Volatilität eine Renditesteigerung des Gesamtportfolios zu beobachten. Das Szenario mit einer Allokation von 60% Aktien und 20% Renten weist eine Rendite p.a. i.H.v. von 6,20% und eine Volatilität i.H.v. von 9,71% auf. Durch die Beimischung von Infrastruktur (d.h. 40% Aktien, 30% Renten, 30% Infrastruktur) steigt die Rendite p.a. auf 8,40% und die Volatilität sinkt auf 7,78%.

Abbildung 5: Portfoliosimulation
Abb. 5: Portfoliosimulation; Datenbasis: Aktien – MSCI World Total Return Index in Euro umgerechnet, Renten – iBoxx Eurozone 1-10 (TR), Infrastruktur – EDHEC Infra 300, Berechnungszeitraum: 01.03.2005 bis 30.09.2022

Es bleibt also festzuhalten, dass nicht-gelistete Infrastrukturinvestments einen positiven Einfluss auf das Risiko-/Renditeprofil bieten und das insbesondere in einem von Aktien dominierten Portfolio die Beimischung von Infrastruktur zu einem positiven Effekt führen können.

Attraktive Investmentopportunität für risikobewusste Investoren

Um in die Assetklasse Infrastruktur zu investieren, gibt es verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten. Institutionelle Investoren können z.B. Direktinvestments in Infrastruktur tätigen oder die Assetklasse über Single-Fonds und Dachfonds abbilden. Direkte Investition in Infrastruktur erfordern jedoch den Aufbau eigener Kapazitäten und Ressourcen und spezialisiertes Know-how in einer eher heterogenen Assetklasse. Auch indirekte Investitionen über Single-Fonds erfordern eine tiefgreifende Investmentexpertise und ein geeignetes Netzwerk, um aus einem sehr breiten Angebot die besten Anlagechancen und die für die jeweilige Strategie besten Fondsmanager zu identifizieren. Alternativ bieten sich Investmentlösungen von erfahrenen und gute vernetzten Dachfonds-Managern an, welche durch ihr Netzwerk, ihre Expertise und den breiten Marktzugang die besten Zielfonds und Co-Investments identifizieren können. Insbesondere Dachfonds können durch ihre multidimensionale Diversifikation zusätzlich zur Risikoreduktion beitragen. Denn wie schon Sir John M. Templeton (Unternehmer und Fondsmanager) einst feststellte, „Der einzige Investor, der nicht diversifizieren sollte, ist derjenige, der immer 100% richtig liegt!“

Bei der Umsetzung von Investmentlösungen in der Assetklasse Infrastruktur erweist sich die Helaba Invest seit über 11 Jahren als verlässlicher Partner von Kreditinstituten und institutionellen Investoren. Inzwischen werden mehr als 5 Milliarden Euro Kapitalzusagen verwaltet und gemanagt (Quelle: Helaba Invest, Stand 30.06.2024).

Um institutionellen Anlegern weiterhin einen Zugang zur attraktiven Anlageklasse Infrastruktur zu ermöglichen, wurde die erfolgreiche Infrastruktur-Dachfondsreihe um den HI-Infrastruktur-Multi Manager-Fonds III ergänzt. Der Dachfonds strebt eine europäische Ausrichtung mit einem geringen Risikoprofil (Core bis Value-Added) an. Durch ein regional und sektoral diversifiziertes Portfolio aus 10-15 Zielfonds sowie Co-Investments (ca. 100-150 Einzelassets) wird eine umfassende Risikoreduktion angestrebt. Die angestrebte konservative Zielrendite (IRR) nach Kosten beträgt 8% bis 9% p.a., die geplante durchschnittliche Ausschüttung über die Fondslaufzeit liegt bei ca.  4% – 5% p.a.. Der Dachfonds strebt schnelle Kapitalabrufe sowie die Reduzierung des J-Kurveneffekts durch Einbindung von Co-Investments und weitgehend platzierte Zielfonds an. Des Weiteren fördert der Fonds ökologische und soziale Merkmale und investiert einen Anteil in nachhaltige Anlagen (Klassifizierung gemäß Artikel 8 der SFDR). Die ersten Investitionen für den Fonds, welche eine Rendite über dem angestrebten Ziel-Renditeniveau des Dachfonds aufweisen, wurden bereits getätigt.

Wissen entscheidet.

2024 07 Gleichgewichtszins

Gleichgewichtszins – Zwischen Pflichtübung und Richtschnur für die Zinspolitik

Die EZB hat begonnen, die Zinsen zu senken. Viele Marktteilnehmer fragen sich nun, wie weit sie die Zinsen senken wird bzw. kann. Zur Beantwortung dieser Frage gilt es zwei wesentliche Aspekte zu beleuchten: Was sagt die Theorie und was erscheint derzeit realistisch möglich zu sein?

In der Theorie spielt der Gleichgewichtszins, auch neutraler Zins genannt, schon seit über 100 Jahren eine wichtige Rolle. Definitorisch ist es der reale Zinssatz, bei dem die Wirtschaft um Potenzial wächst, Investitionen und Sparen ausgeglichen sind und die Inflation stabil ist. Das sind mithin die Grundüberlegungen für die Zinspolitik einer Notenbank, quasi die DNA heutiger Zentralbanken. Die Notenbanken steuern kurzfristige Zinssätze, die direkt auf das Geldmarktumfeld wirken und so Wirtschaft und Inflation beeinflussen. Die Schwierigkeit des neutralen Zinssatzes ist, dass man ihn nicht direkt ablesen kann. Man versucht, ihn aus den aktuellen wirtschaftlichen Rahmendaten und den zugehörigen Erwartungen mithilfe komplexer Modelle zu schätzen. Je nach verwendetem Verfahren variieren die Ergebnisse erheblich. Auch ist dieser Zinssatz keiner, der direkt für den heutigen Zeitpunkt gilt, sondern eher auf mehrere Jahre zu betrachten ist.

Halbzeit Kurve Kriegen 1920x1280px

Interview mit Olaf Tecklenburg – Es ist Halbzeit!

𝗛𝗮𝗹𝗯𝘇𝗲𝗶𝘁! Nicht nur das Börsenjahr 2024 ist halb rum, sondern auch die Fußball-EM geht in die 2. Halbzeit. Im Interview zieht Olaf Tecklenburg Halbzeitbilanz und geht u. a. auf die folgenden Fragen ein: Wie ist der Zinssenkungsschritt der EZB zu bewerten? Was können wir von der FED in diesem Jahr noch erwarten? Wie schätzt er das aktuelle Inflationsniveau ein? Welche Anlagechancen bietet das aktuelle Marktumfeld für institutionelle Investoren? Mit Blick auf das politische Umfeld in Frankreich und den USA: Welche Auswirkungen werden die Wahlen auf die Kapitalmärkte und damit auf das Asset Management haben?

Interview mit Bettina Siegel: Immobilien Co-Investments in der Region Asien-Pazifik

Die Herausforderungen auf den Immobilienmärkten sind vielfältig: gestiegene Zinsen, veränderte Arbeitswelten und politische Konflikte beeinflussen Entscheidungen. Doch der Gegenwind nimmt ab, und Chancen rücken wieder ins Licht. Institutionelle Investoren setzen daher vermehrt auf globale Immobilienstrategien, um zu diversifizieren und von regionalen Momenta zu profitieren. Besonders der asiatische Raum gewinnt hierbei an Bedeutung.

Investments in die Immobilienmärkte Asiens können eine gute Möglichkeit darstellen, von den dortigen Wachstumschancen zu profitieren und gleichzeitig Diversifikation von Real-Estate-Portfolios beizutragen. Denn die asiatischen Core Märkte sind einerseits über die Akteure sowie den Personen-, Güter- und Kapitalverkehr eng miteinander verwoben, andererseits sind sie sehr heterogen und werden in ihrer Entwicklung von ganz verschiedenen Faktoren bestimmt. Ein genauerer Blick zeigt beispielsweise ein dynamisches Wachstum in Singapur und Australien, während Japan und Südkorea mit einem Bevölkerungsrückgang konfrontiert sind. Diese Diversität bietet institutionellen Anlegern neue Möglichkeiten für Investitionen.